Papst Franziskus – Eine Revolution der Zärtlichkeit

Vor mehr als 46 Jahren bin ich aus der katholischen Kirche ausgetreten und habe es keinen Tag bereut. Der Zwang, etwas glauben zu müssen und es nicht einmal hinterfragen zu dürfen, ist das Zeichen einer Geistesdiktatur und so etwas mag ich als freiheitsliebender Mensch nicht. Denn das geistige Leben ist eine stets fortschreitende, lebendige Entwicklung und diese ist innerhalb der katholischen Kirche nicht erlaubt. Trotzdem ist mir, wenn auch manches Mal zähneknirschend, die zweitausendjährige Leistung der christlichen Kirche für Kunst, Kultur, Bildung und das soziale Leben bewusst, durch die sie eine unserer wesentlichen Wurzeln bildet.

Nun hat diese Kirche nach ihrer teilweise recht unrühmlichen Geschichte seit einigen Jahren einen Papst, der so ganz anders ist als alle seine Vorgänger. Er wird mich zwar nicht wieder in die Arme seiner Kirche treiben, aber ich beobachte ihn mit Freude, Berührung und großem Respekt für seinen Mut.
In einer seiner ersten Predigten hatte er eine „Revolution der Zärtlichkeit und Liebe“ gefordert. Wann hat man aus einem Papstmund schon einmal das Wort „Zärtlichkeit“ gehört?
Der in Rom lebende Journalist Andreas Englisch, Vatikan-Korrespondent- und Kenner, Autor einiger Bücher über die letzten drei Päpste, wurde einmal gefragt, welche Rolle denn Jesus im Vatikan spiele  –  Antwort: „Keine!“ Und das ist ja nach allem, was man über das Innenleben der Kirchenzentrale hört, durchaus glaubhaft. Mit Papst Franziskus, dessen Name sein Programm ist, haben Jesus und auch Franziskus von Assisi im Vatikan wieder eine Chance…
Ob dieser Papst ein Überlebensgarant für diese Kirche ist, wird sich herausstellen, wenn klar wird, was seine Nachfolger aus seinen mutigen Vorgaben machen werden.
Päpste gelten als „Stellvertreter Gottes auf Erden“. Abgesehen davon, dass Gott keine Stellvertreter braucht, halte ich diesen Anspruch für arrogant und blasphemisch. Papst Franziskus aber ist in meinen Augen ein sehr guter Repräsentant Gottes auf Erden. Was wir alle eigentlich sein sollten…

In den Kinos läuft gerade der Dokumentarfilm von Wim Wenders
„Papst Franziskus – Ein Mann seines Wortes“. Ich gehe eher selten ins Kino, aber diesen Film muss ich sehen. Wenders, der viermal zwei Stunden drehen durfte, sitzt dem Papst nicht als Interviewer gegenüber, sondern er lässt ihn alleine in die Kamera sprechen, was den Film sehr eindringlich machen soll.
Also, ich höre jetzt auf zu schreiben und mache mich auf den Weg ist Kino…