Der Opernkomponist Richard Wagner (1813-1883) war überzeugt, „dass allumfassende Ströme göttlicher Gedanken existieren, die überall im Äther schwingen und dass jeder, der diese Schwingungen wahrnehmen kann, inspiriert wird, vorausgesetzt er ist sich des Vorgangs bewusst und besitzt das Wissen und das Geschick, sie in überzeugender Weise darzustellen, sei er Komponist, Architekt, Bildhauer oder Erfinder.“
Dieser Hinweis erinnert an die sogenannte „Akasha-Chronik“, einen feinstofflichen Informationsspeicher, den Dieter Broers „kosmisches Archiv“ nennt. Man könnte sie auch als eine Art Datenbank bezeichnen, die das gesamte Wissen der Menschheit und aller Wesen des Universums, alle Begebenheiten der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, alle gedachten und gesprochenen Worte und noch unendlich viel mehr enthält. Der ungarische Wissenschaftler Ervin Laszlo erkennt sie als ein „superreiches Informationsfeld und holografisches Gedächtnis des Universums“.
Albert Einstein erwähnte, dass ihm einige seiner wissenschaftlichen Erkenntnisse in Träumen zugefallen waren. In diesem Energiefeld, zu dem schöpferische Menschen, sei es im Wach- oder Schlafzustand, offenbar Zugang haben, ist auch die Musik der Sphären enthalten.
Musik, beziehungsweise Klang, dies lehren Religionen, steht am Beginn der Schöpfung. Nach indischer Überlieferung ist unser Universum durch den Schöpfungston „OM“ oder „AUM“ entstanden. Wissenschaftler mögen dies für den Urknall halten, der vielleicht Impulsgeber war und noch immer ist, denn die Schöpfung ist nicht zu Ende. Sie breitet sich immer weiter aus wie Wellen, nachdem man einen Stein ins Wasser geworfen hat.
Johann Wolfgang von Goethe ahnte es, als er den Prolog zum „Faust“ schrieb: „Die Sonne tönt nach alter Weise in Brudersphären Wettgesang und ihre vorgeschriebne Reise vollendet sie mit Donnergang…“
Der griechische Philosoph und Mathematiker Pythagoras (ca. 570-510 v.Chr.) begründete eine Mysterienschule, in der die Musik eine herausragende Rolle spielte. Auch zur Heilung wurde sie eingesetzt. Als ein Erleuchteter, der er wohl war, scheint er in der Lage gewesen zu sein, die Klänge der Sphären, der Planeten, der Gestirne zu vernehmen und vielleicht sogar zu berechnen.
Johannes Kepler (1571-1630), der berühmte Astronom, der auch Astrologe war („Die Sterne zwingen nicht, sie machen nur geneigt“), übertrug 2000 Jahre nach Pythagoras in seinem Werk „Harmonia Mundi“ (Welt-Harmonik) die Sphärenharmonien aus den Regionen des Glaubens in wissenschaftlich berechenbare Bereiche. Die Töne, die den Planeten und Sternen eigen sind, können also gemessen werden. So schwingt beispielsweise die Sonne auf dem Ton Cis. Inzwischen ist es der NASA gelungen, die Klänge von Gestirnen tatsächlich hörbar zu machen.
Das Universum ist also Klang und mit ihr die Erde und alles, was auf und in ihr existiert. Joachim Ernst Berendt berichtet in seinem Buch „Nada Brahma – Die Welt ist Klang“, dass britische, amerikanische und israelische Wissenschaftler mit den Mitteln der fotoakustischen Spektroskopie den Klang einer Rose im dem Moment hörbar machten, als die Knospe sich öffnete. Die anschwellenden Töne erinnerten sie an eine Orgel-Toccata von Bach. Mit Hilfe derselben Instrumente stellte man fest, dass jede Pflanze, jeder Grashalm, jeder Baum seinen eigenen Klang hat. Man versuche sich den grandiosen Sound eines Getreidefeldes vorzustellen, einer Wiese, eines Waldes. Dass Delphine und Wale sich singend verständigen ist bekannt. Wir halten Pflanzen und Fische für stumm, weil wir sie nicht hören können. Aber unser Ohr vernimmt nur einen winzigen Bruchteil dessen, was durch unsere Welt und unser Universum singt. Und so hat auch jeder Mensch seinen eigenen Ton, auf dem er schwingt, sein ganz eigenes persönliches Lebenslied, das in meditativem Zustand vernommen werden kann.
Es wird überliefert, dass die riesigen Felsblöcke für den Bau der Pyramiden und anderer antiker Monumentalbauten per Klang bewegt wurden. Warum sollte das nicht so gewesen sein? Bedenken wir doch, dass es uns heute mit all den technischen Errungenschaften nicht gelingt, diese Werke nachzubauen. Wahrscheinlich werden nachkommende Forscher das Geheimnis der Levitation (Schweben eines Körpers oder Gegenstandes ohne Hilfsmittel) durch Klang entdecken. Das gehört aber nicht in den Bereich des Wunders, sondern in den der in unserer Zeit noch nicht wieder entdeckten Naturgesetze.
Dass sich auch Todesnähe mit Musik ankündigen kann, ist durch Zeugen belegt. Kurz vor Goethes Tod klang eine von allen Anwesenden gehörte Musik aus den Wänden. Meine verstorbene Freundin Myra ertrank in ihrer Jugend beinahe. Bevor sie das Bewusstsein verlor, hörte sie eine Musik, die in ihrer Schönheit mit keiner irdischen vergleichbar war. So darf man annehmen, dass die schönste Komposition nur ein Abglanz der tatsächlich gehörten Musik ist, die mit keiner Note eingefangen werden kann.
Mit der vielleicht berührendsten, aus der griechischen Mythologie stammenden Gestalt der Musikgeschichte möchte ich diesen kleinen Ausflug in die wundersame Welt des Klanges, der Töne, der Musik beschließen.
Orpheus ist der Dichter und Sänger, der mit seinem Gesang wilde Tiere zähmt. Sogar Bäume und Felsen folgen ihm, um seiner Stimme zu lauschen. Als seine geliebte Gemahlin Eurydike stirbt, betört er mit seinem göttlichen Gesang Hades, den Herrscher der Unterwelt, der sie schließlich aus seinem Reich entlässt. Leider geht die Geschichte trotzdem nicht gut aus.
Mit seiner geradezu überirdisch schönen Oper „Orpheus und Eurydike“ hat der Komponist Christoph Willibald Gluck (1714-1784) dem begnadeten mythischen Sänger und uns ein Denkmal geschenkt – mit Happy End!