November ist der Monat, in dem die Endlichkeit des Lebens vorübergehend in den Vordergrund rückt, um dann wieder verdrängt zu werden. Denn wir ängstigen uns ein Leben lang vor einer einzigen Sekunde, die wir den „Tod“ nennen. Um das aushalten zu können, haben wir im untersten Bereich unserer Psyche einen dunklen Raum eingerichtet und ihn mit Todesfurcht möbliert. Die Türe ist mit einem Schloss ausgestattet, auf dem das Wort „Tabu“ eingraviert ist. Dort gärt die Angst vor sich hin und belastet das Leben. Wenn es uns gelingt, den Schlüssel zum Tabu-Schloss zu finden und die Türe zu öffnen, dann können wir diesen Ort mit Leben, Licht und Freude fluten und die uns eingeprägte Angst vor Fegefeuer, Hölle, ewiger Verdammnis oder einem vermeintlichen Nichts hinaus fegen.
Angst vor dem Tod und Angst vor dem Leben bedingen einander. Sie ist der Nährboden der meisten anderen Ängste. Eine Auflösung bedeutet Energiezuwachs und unhektische Lebensfreude. Es gibt gewiss noch andere Schlüssel (Methoden), aber den von mir genutzten möchte ich gerne weiter empfehlen. Er ist schön und unspektakulär und auch Ihr könnt durch ihn heilende Erfahrungen machen, so Ihr sie braucht.
Im Alter von neun Jahren verletzte ich mir beim Spielen den Fußknöchel, dessen Wunde genäht werden musste. Das Narkosemittel war ein mit Äther getränkter Wattebausch, welcher mir die Erfahrung vermittelte, dass man auch außerhalb des physischen Körpers recht lebendig ist. Von der Decke der Arztpraxis aus sah ich die wartenden Eltern, den an meinem Fuß hantierenden Arzt und beobachtete interessiert die kleine Operation. Bald erwachte ich wieder in meinem Körper. An einer ausgeprägten Angst vor dem Tod habe ich nie gelitten und vielleicht liegt das in diesem außerkörperlichen Erlebnis begründet, das ich damals als ganz selbstverständlich empfand. Aber natürlich liebe ich das Leben und wünsche mir, wie alle anderen Menschen auch, einen leichten Sterbeprozess ohne Schmerzen, wenn es eines Tages so weit ist.
Bevor wir eine Reise antreten kaufen wir einen Reiseführer. Die hilfreichsten für unser Thema sind Berichte von Menschen, die außerkörperliche Erlebnisse (=Nahtoderfahrungen, kurz NTE) hatten, den Tod überlebt und nach einem Herzstillstand aus jenseitigen Sphären zurück gefunden haben. Es sind die unzähligen Totenbücher unserer Zeit, die so wichtig sind, weil die alten, wie das tibetische oder das altägyptische, für den heutigen Menschen zumeist nicht mehr unmittelbar verständlich sind.
Ende der Sechzigerjahre des letzten Jahrhunderts war es die mutige amerikanisch-schweizerische Ärztin Dr. Elisabeth Kübler-Ross, die mit ihren Forschungen, aber auch eigenen Erfahrungen den Weg aus dieser dunklen Ecke gewiesen hat. Sie machte Sterben und Tod entgegen vieler Widerstände „salonfähig“. Zur selben Zeit trat der Psychiater Dr. Raymond Moody mit seinem internationalen Bestseller über Nahtoderfahrungen „Leben nach dem Tod – Die Erforschung einer unerklärlichen Erfahrung“ an die staunende Öffentlichkeit, der zu einem der meist verkauften Sachbücher aller Zeiten wurde. Seitdem ist der Strom der einschlägigen Veröffentlichungen in allen Sprachen und abseits der üblichen Modetrends auf dem Buchmarkt nicht mehr versiegt.
Gestorben wurde schon vor Kübler-Ross und Moody, aber die beiden waren die Pioniere unserer Zeit, die sich an die hartnäckig weißen Flecken auf der Landkarte des Lebens gewagt haben – dafür gebührt ihnen unser Dank.