Tiere sind unsere nächsten Verwandten und uns ähnlicher, als wir es wahrhaben wollen. Sie sind aber auch um ihrer selbst Willen wert, in ihrem Recht auf Leben geachtet zu werden. Leider ist die tägliche Realität oftmals meilenweit von Achtung, Respekt, Fürsorge oder gar Liebe entfernt.
Der unappetitliche aktuelle Fall des größten deutschen Schlachthofes Tönnies in NRW hat den Fokus wieder einmal auf das Schicksal der sogenannten „Nutztiere“ (durch das Los der ausgebeuteten Arbeiter) gelegt. So müssen wir also die Tiere vor uns selbst schützen, denn ihr Leid verursachen wir alle. Das Elend, das wir ihnen zufügen lassen, verdrängen wir um uns nicht damit konfrontieren zu müssen. Wir haben gelernt Grausamkeit für normal zu halten, „weil es schon immer so war.“
Seit Sigmund Freud wissen wir, dass stetes Verdrängen Körper und Psyche krank macht. Damit führen wir einen Krieg gegen uns selbst, der in uns seine Spuren hinterlässt. Der Massenmord an den Nutztieren, die für unsere Ernährung und die zumeist sinnlosen Tierversuche getötet werden, ist nach meiner Überzeugung mit verantwortlich für eine Reihe von physischen, psychischen und geistigen Krankheiten, Seuchen und Epidemien, die auch ein Ergebnis des Naturgesetzes von Ursache und Wirkung sind.
Der französische Philosoph und Naturwissenschaftler René Descartes (1596-1650) ist der Urheber unseres materialistisch-mechanistischen, den Tiere eine Seele absprechenden Weltbildes. Seine Sichtweise degradiert Geschöpfe zu gefühllosen Maschinen. Sie wurde von den nachfolgenden Wissenschaften gerne übernommen, mit unabsehbaren Folgen für unsere Lebensgrundlagen.
Glauben wir tatsächlich, dass den Tieren Seele, Intelligenz, Gefühle und logisches Denken fehlt? Meinen wir, dass diese „wissenschaftlichen Erkenntnisse“ aus dem 17. Jhdt. uns berechtigen, Mitgeschöpfe zu Rohstofflieferanten zu erklären und ihnen unvorstellbare physische und psychische Qualen zufügen zu dürfen?
Der Mensch als jüngstes Glied der Evolutionskette hat eine Wertehierarchie des Lebens geschaffen und beansprucht seinen Platz als selbst ernannte „Krone der Schöpfung“ ganz oben auf der Rangleiter, während er den Tieren ihren Platz ganz unten zuweist.
Tiere sind fühlende Wesen, die der Freundschaft und Liebe, der Treue und Dankbarkeit, der Freude, Emotion und des Mitgefühls fähig sind – wie wir. Und sie empfinden Einsamkeit, Trauer, Angst und Todesangst – wie wir. Wozu sie nicht fähig sind, ist der Hass, den man manches Mal bei Primaten (frei lebenden Schimpansen) findet, die uns in ihrem Verhalten sehr ähnlich sind. Die meisten Tierarten verfügen über eine Intelligenz, die oft über das zum Leben und Überleben notwendige hinaus reicht, was die Verhaltensforschung immer wieder überrascht feststellt. Darüber hinaus sind sie mit Instinkten ausgestattet, die uns abhanden gekommen sind – zu unserem eigenen Schaden.
Ich möchte hier nicht Tiere als die „besseren Menschen“ darstellen. Allerdings gestehe ich, dass ich manches Mal (z.B. nach den Abendnachrichten) knapp davor bin, das zu vermuten. Denn es existiert keine Tierart, die foltert, Kriege anzettelt (außer Schimpansen), denunziert, Hassbotschaften und Morddrohungen verschickt.
Gewiss sollte man keine Religion aus Tierliebe, Tierschutz und der bestenfalls daraus folgenden vegetarischen oder veganen Lebensweise machen. Aber klar ist doch, dass eine Religion (oder Morallehre), die keine Liebe, kein Erbarmen und keine Gerechtigkeit für alle Lebewesen fordert (und selbst lebt), keine wirkliche Religion sein kann, auch wenn sie sich dafür hält.
Jedes Leben ist ein hoher und unersetzlicher Wert an sich und es ist heilig. Leider hat es den Anschein, als wäre heutzutage zu vielen Menschen nichts mehr heilig.
„Die Größe und den moralischen Fortschritt einer Nation kann man daran erkennen, wie sie ihre Tiere behandelt.“ (Mahatma Gandhi)
Als Verbraucher sind wir Auftraggeber und als solche verursachen wir bewusst oder unbewusst unglaubliche Grausamkeiten. Wer es aber wissen und nicht mehr wegschauen, wer daraus Rückschlüsse und schließlich Konsequenzen ziehen will, hat heute alle Möglichkeiten sich zu informieren und im besten Fall sein Leben künftig lebensfreundlicher zu gestalten.
Denn der Preis für 1 kg Tier ist hoch, viel zu hoch. In Zahlen ausgedrückt:
Für die „Produktion“ von 1 kg Rindfleisch werden in der Massentierhaltung etwa 15.000 Liter Wasser und 16 kg Getreide verbraucht. Was an 100 Kühe verfüttert wird, könnte 2000 Menschen ernähren. Die Hälfte der weltweiten Getreideernte und 90% der Sojaernte geht an die „Nutztiere“. Laut einer Studie des „World Watch Institute“ verursacht der Konsum von Fleisch, Milch und Eiern über 50% der weltweiten Treibhausgasemissionen. das ist mehr, als der gesamte Straßenverkehr produziert.
Ein Drittel aller Anbauflächen dient der immer ausufernderen Fleischproduktion, die wesentlich mehr ist, als tatsächlich „gebraucht“ wird. Die meisten befinden sich in den sogenannten Entwicklungsländern. Große Teile der für unser Überleben alternativlosen Urwälder werden gerodet oder brandgerodet, die indigenen Bewohner gewaltsam vertrieben oder ermordet, was uns Brasilien aktuell so barbarisch wie dumm vor Augen führt.
Es wird deutlich, dass die Fleischproduktion mehr Nahrung vernichtet, als sie erzeugt. Und sie kostet mehr als sie einbringt. Denn der Preis der Technik, des Wassers und des Futterverbrauchs, der Medikamente und Tierarztkosten, des Saatgutes, der Düngemittel und Pestizide ist gigantisch. Das rechnet sich nur dank der geradezu aberwitzigen Subventionen der EU, also durch unsere Steuergelder.
Der Zusammenhang zwischen diesen untragbaren Tatsachen und einer Milliarde unterernährter Menschen, von denen jedes Jahr 30 bis 40 Millionen verhungern (die Hälfte davon sind Kinder), ist uns bekannt, Das barbarische Quälen und Töten der Tiere, der Hungertod von Mitmenschen und die reale Gefahr, dass wir die Erde in absehbarer Zeit unbewohnbar machen, all das nehmen wir wegen einem für unsere Ernährung nicht notwendigen Stück Fleisch in Kauf?
Wer auf den Verzehr von Tieren aus ökologischer Landwirtschaft setzt, sollte bedenken, dass auch diese nicht „zu Tode gestreichelt “ werden. Die meisten verlieren ihr Leben in denselben Schlachthöfen und auf die gleiche barbarische Weise wie ihre Leidensgenossen aus der Massentierhaltung.
Ich glaube, dass es höchste Zeit ist, dem Leben gegenüber eine andere, eine neue Haltung einzunehmen, Frieden zu schließen mit der Welt der Tiere, ja der gesamten Schöpfung, also auch mit uns selbst. So sollten wir uns unserer Herzensgüte besinnen und nicht mehr wegsehen, sondern als mitfühlende Konsumenten und politisch handlungsfähige Bürger agieren, die bisher ihre große Macht unterschätzt und zu wenig genutzt haben. Es liegt in der Hand jedes einzelnen Menschen, die auf den verschiedensten Ebenen des Seins zu einem Kriegsschauplatz verkommene Welt zu einem Ort des Friedens zu machen. Was hindert uns daran, bei den Tieren zu beginnen?
Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will.“ (Albert Schweitzer)